Volker Grassmuck on Wed, 20 Nov 2002 00:50:06 +0100 (CET)


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[rohrpost] Nachtrag: US: freie Nutzung von Copyrights fuer Bildung


die deutsche Version der Geschichte hatte ich im letzten Posting unterschlagen. Die Bildungsschranke stellt 
sich aktuell folgendermaßen dar. Nutzungen kleiner Teile sind ohne Erlaubnispflicht und mit Vergütung zulässig:

§ 52 a UrhG-E in der Fassung der 1. Lesung

„(1) Zulässig ist, veröffentlichte kleine Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie einzelne Beiträge aus 
Zeitungen oder Zeitschriften
1. zur Veranschaulichung im Unterricht an Schulen und Hochschulen ausschließlich für den bestimmt 
abgegrenzten Teil von Unterrichtsteilnehmern oder
2. ausschließlich für einen bestimmt abgegrenzten Kreis von Personen für deren eigene wissenschaftliche 
Forschung öffentlich zugänglich zu machen, soweit die Zugänglichmachung zu dem jeweiligen Zweck geboten 
und zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist.
(2) Zulässig sind in den Fällen des Absatzes 1 auch die mit der öffentlichen Zugänglichmachung im 
Zusammenhang stehenden Vervielfältigungen, soweit die Vervielfältigungen zu dem jeweiligen Zweck geboten 
sind.
(3) Für die öffentliche Zugänglichmachung nach Absatz 1 Nr. 2 ist eine angemessene Vergütung zu zahlen. Dies 
gilt auch für die mit einer öffentlichen Zugänglichmachung nach Absatz 1 Nr. 2 im Zusammenhang stehenden 
Vervielfältigungen nach Absatz 2. Der Anspruch kann nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht 
werden.“

Klingt nicht schlecht. Aber was passiert, wenn die Verwerter per DRM verhindern, dass ein Lehrer kleine Teile 
einer CD-ROM seinen Schülern im Intranet zugänglich macht oder eine Forscherin in eine filmwissenschaftliche 
Arbeit Exzerpte aus einer DVD einbaut?

§ 95b UrhG-E "Durchsetzung von Schrankenbestimmungen
(1) Soweit ein Rechtsinhaber technische Maßnahmen nach Maßgabe dieses Gesetzes anwendet, ist er 
verpflichtet, den durch eine der nachfolgend genannten Bestimmungen Begünstigten, soweit sie rechtmäßig 
Zugang zu dem Werk oder Schutzgegenstand haben, die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen, um von 
diesen Bestimmungen in dem erforderlichen Maße Gebrauch machen zu
können:
...
5. § 52a (Öffentliche Zugänglichmachung für Unterricht und Forschung)...
Vereinbarungen zum Ausschluss der Verpflichtungen nach Satz 1 sind unwirksam."

Klingt noch besser. Lehrer und Forscherin können sich ihr Recht zwar nicht per "technischer Selbsthilfe" 
nehmen, aber sie können es vom Verwerter einfordern, bei Strafandrohung:

§ 95b (2) "Wer gegen das Gebot nach Absatz 1 verstößt, kann von dem Begünstigen einer der genannten 
Bestimmungen darauf in Anspruch genommen werden, die zur Verwirklichung der jeweiligen Befugnis benötigten 
Mittel zur Verfügung zu stellen."

Wunderbar. Wenn da nicht ein Hintertürchen wäre:

§ 95b (3) "Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, soweit Werke und sonstige Schutzgegenstände der Öffentlichkeit 
aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung in einer Weise zugänglich gemacht werden, dass sie Mitgliedern der 
Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind."

"der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich gemacht werden, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten 
und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind" ist Juristenkauderwelsch für "online angeboten". Kommerzielle 
Downloads werden immer unter einer lizenzvertraglichen Vereinbarung angeboten. Wird also der Inhalt der CD-
ROM parallel auf einer Website oder der Film in einem Video-on-Demand-System angeboten -- haben Lehrer und 
Forscherin ein Recht, von dem sie dank Technologie und Vertrag leider keinen Gebrauch machen können. Ergo 
eine Situation, die sich die USA gerade gezwungen sahen zu korrigieren. 

Volker

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