carsten stabenow on Mon, 3 Nov 2003 15:01:14 +0100 (CET)


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[rohrpost] heute abend: maedchenmoerder brunke projekt


HEUTE:


Veranstaltungen zum 2. Todestag von Thomas Brasch
03.11.2003 um 20:30 Uhr
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bundesweite Lesungen - Streamingprojekt - Klanginstallation
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http://www.maedchenmoerderbrunke.de



Fast zehn Jahre bis zu seinem Tod im Jahr 2001 schrieb der Dramatiker,
Lyriker und Filmautor Thomas Brasch an seinem letzten Werk, der Geschichte
über den Mädchenmörder Brunke. Er veröffentlicht 1999 einen gleichnamigen
Roman mit einem Umfang von rund hundert Seiten - die im Nachlass gefundenen
tausenden von Seiten belegen die Obsession, mit welcher Brasch dieses
Projekt tatsächlich verfolgte.
Was treibt einen Schriftsteller wie Brasch, eine Ikone der deutsch-deutschen
Dramatik, zu Lebzeiten mit Preisen dekoriert, sich derart in einen solchen
Stoff zu verbeißen, der das Bürgertum der späten Kaiserzeit in Atem hielt?
Was fand er an diesem Gerichtsbericht aus dem Jahr 1906 über jenen als
Mädchenmörder Brunke in die Braunschweiger Annalen eingegangenen 19jährigen
Sonderling, der ihm Anfang der Siebziger Jahre im Hof der Staatsbibliothek
Ost vor die Füße fiel? Kopien dieser historischen Quellen sind zur Genüge in
seinem Nachlass zu finden, der an der Akademie der Künste Berlin nicht
weniger als 16 laufende Regalmeter für sich beansprucht. Warum vergrub sich
Brasch eine ganze Dekade in diesem Stoff, häufte Version auf Version, bis es
sich schließlich an die 13.000 Seiten waren, um dann nur hundert davon zu
veröffentlichen?...

Das Projekt www.maedchenmoerderbrunke.de versucht sich dem Text mit einer
Reihe von Lesungen aus dem nachgelassenen und unveröffentlichten Konvolut zu
nähern und Einblick in die Bedeutung dieses zehnjährigen Arbeitsprozesses
für den Autor zu geben.

Analog zu den Lesungen werden deren Tonspuren live und für die Dauer des
Abends mittels Audiostream ins Internet übertragen, wo die Möglichkeit
besteht, auf der Seite www.maedchenmoerderbrunke.de die diversen Fragmente
des Werkes per Livestreammixer einander gegenüberzustellen. Die so erzeugten
Verknappungen und Wiederholungen führen dann nicht nur den
Entstehungsprozess des Manuskriptes mit seinen unzähligen immer wieder neu
und modifiziert begonnenen Erzählsträngen und Dopplungen fort, sondern
wollen durch eine Art Destillation eine intensivere Rezeption des Textes
erzeugen, die sich auf die prägnanten Schlüsselbilder konzentriert.

Die Idee für diese Form der Perzeption geht auf einen spielerischen Umgang
Braschs mit seinem Manuskript zurück. Nächtlich, durch eine Telefonleitung
"online" mit seinen Freunden, bot er diesen an, eine durch ein
Zufallsprinzip ermittelte Seite des Konvolutes vorzulesen. Es ist die Form,
die Thomas Brasch selbst nutzte, um das entstehende Werk Freunden zugänglich
zu machen.



.................................................................. Lesungen


Stadtbad Oderberger Berlin.................................................
Oderberger Straße 57-59, 10435 Berlin

Foyer Schauspielhaus Bremer Theater........................................
Am Goetheplatz 1-3, 28203 Bremen

Studiobühne Leipzig........................................................
LOFFT: Lindenauer Markt 21, 04177 Leipzig

Projekttheater Dresden.....................................................
Louisenstraße 47, 01099 Dresden

Saal 60 München............................................................
Funky Kitchen: Blumenstraße 28, 80331 München

Wien.......................................................................
Es liest: Maria Fliri / Klangkonzept: Thomas Grill






...........................................PPPS:Sucht BrunkeStreamingprojekt

Webinterface................................................................
http://www.maedchenmoerderbrunke.de






........................................................Die abwesende Person

Klanginstallation...........................................................
Laden V-17: Veteranenstraße 17, 10119 Berlin

Klanginstallation 1 Computer, 12 Telefonhörer, 6 Livestreams

Der Aspekt der maschinenvermittelten Kommunikation zwischen den
teilnehmenden Theatern wird im Laden V 17 durch eine interaktive Klang- und
Rauminstallation unter Verwendung der live übertragenen Audiosignale aus
Bremen, Leipzig, Dresden, München, Wien und Berlin weitergeführt.

Gegenstand der Klanginstallation ist ein Computer: die Rechenmaschine der
Nullen und Einsen, die die Rolle der Benutzer am Webinterface "PPPS: Sucht
Brunke" übernimmt und ihre eigene Symbiose der Livestreams generieren wird.

Jede Standortänderung der anwesenden Personen im Raum ­ über Bewegungsmelder
erfasst - wird den Computer dazu anregen, die empfangenen Tonsignale der
Livestreams nach einem Zufallsprinzip zu verändern. Damit entsteht eine neue
Schnittfassung des Textes: Alles ist voneinander abhängig, alles ist
veränderlich und: jede Seite des umfassenden Mädchenmörder Brunke Konvolutes
hat die literarische Kraft, allein und unabhängig vom Textzusammenhang zu
bestehen. Wie Brasch selbst verweigert diese Maschine einheitliche
Erzählformen: "Es muß ineinander gehen. Es ist wie ein Versteckspiel. Es
sind Übermalungen."









Technische Realisierung und Webinterface.......................Olaf Matthes

Konzeption.....................................................Anja Keyßelt
(Teil eines Diplomprojektes an der Kunsthochschule Berlin Weissensee)





Informationen/pressemappe unter: http://www.maedchenmoerderbrunke.de

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