Martin Brust@gmx.de on Tue, 22 Jul 2003 12:35:03 +0200 (CEST)


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[rohrpost] Re: piraten-artikel (urheberrechtsdiskussion)


hallo nick!

nein, es ist nicht ganz richtig, wenn du mir antwortest, die durch dich im 
FR-artikel von tilman baumgärtel für RIAA eingesetzte WIAA gibt es oder 
nicht. es gibt definitiv keine WIAA in den usa und natürlich auch keine 
entsprechende klage. das ersetzen der Recording Industry Association of 
America (RIAA) in tilkmans artikel durch die Writers Industry Association 
of America (WIAA) in der von dir "gerewrited" Version mag ein (m.e.: 
schwacher) versuch der provokation  von herrn baumgärtel sein. vielleicht 
auch eine irgendwie lustige oder wenigstens subversive aktion medialer 
verwirrung.

allerdings schneidet sich deine argumentation mit dieser aktion ins eigene 
fleisch, wenn du open content und freien zugang zu informationen forderst 
und im gleichen atemzug durch dein fake die gravierenden problematiken 
zeigst, die der attitude "jeder ist ein experte" innewohnen. denn dein fake 
WIAA zu entlarven, dies zu recherchieren, hat denn doch relativ lange 
gedauert, bis zur definitiven bestätigung fast einen halben arbeitstag. für 
eine kleine gefakte meldung in einer mehr oder minder relevanten 
mailingliste. bezogen auf den journalismus - dessen nicht gerade 
unvornehmste aufgabe eben nicht die verbreitung von meinung ist, sondern 
die verbreitung von information zur bildung von meinung beim 
informationszezipienten - ein beweis für die notwendigkeit von 
professionalismus, denn es hat nun mal nicht jeder leser eines solchen 
fakes - bzw. einer (unsauberen) recherche - die zeit und lust, alle in 
einem artikel genannten fakten zu überprüfen. geschweige denn sich selbst 
zu recherchieren.

und mangels wertiger gegenargumente muss ich mich leider ein weiteres mal 
wiederholen: das recherchieren, gewichten, aufbereiten und nicht zuletzt 
auch verifizieren von informationen ist arbeit, die bezahlt werden muss wie 
jede andere arbeit in dieser gesellschaft, solange deren wirtschaft nach 
dem kapitalistischen system organisiert ist. das aber setzt voraus, dass 
dem _produzenten_ ein eigentumsrecht an seiner produktion zugestanden wird. 
das Urheberrecht in seiner alten wie in der neuen version nutzt mehr den 
verlagen und redaktionen, also den zwischenhändlern, als den produzenten, 
zugegeben, und ist daher keine lösung. aber eine urheberrechtliche freigabe 
aller digitalen inhalte käme wegen seiner markmacht und dominanz eben 
diesem zwischenhandel zu gute, der ja in seiner argumentation gegen das 
UrHG die position der produzenten zu seinen eigenen gunsten zu schwächen 
sucht. für die produzenten, zumal für die freiberuflich arbeitenden, wäre 
die abschaffung ihres geistigen eigentums (und bei massivem aufkommen auch 
dessen diebstahl) der wirtschaftliche genickbruch. möglicherwiese werden 
p2p-netze die macht der musikindustrie brechen und später auch die der 
textindustrie. aber bis es soweit wäre, würden in beiden bereichen die 
eigentlichen produzenten längst ökonomisch den bach runter gegangen sein. 
deshalb ist es extrem verkürzt, die abschaffung geistigen eigentums zu 
verlangen ohne auch die abschaffung materiellen eigentums. und deshalb 
bezeichne ich diese haltung zugespitzt als forderung, kostenlos britneys 
pädo-pop runterzuladen. eine forderung, die ich in keiner weise als 
förderlich für einen gesellschaftlichen fortschritt erkennen kann. sondern 
nur als reaktionär. in letzter konsequenz verbindet sich diese forderung 
mit den bemühungen von bertelsmann, G+J und wie sie alle heißen.

zur haltung des Branchenverbandes der US-Buchindustrie (als den du deine 
WIAA ja imaginierst und der in der realität die Association of American 
Publishers (APA) ist)  zur frage "copyright / illegales kopieren von 
büchern" siehe deren statement am ende dieser mail.

schönen gruss, martin

>Friday, July 18, 2003, 2:31:53 PM, M.Brust@gmx.de wrote to nick@n0name.de:

> > diese mail aus ganz anderem grund: der piraten-artikel, den du über
> > rohrpost gesendet hast, erwähnt ganz zu beginn eineWriters Industry 
> Association of
> > America kannst du mir bitte eine URL, Quelle oder sonstwas zu denen
> > nennen? gibt es die überhaupt? ich konnte sie nämlich bislang nicht
> > ausfindig machen. ebensowenig die erwähnte klageandrohung. hmmm...???

Tuesday, July 22, 2003, 2:31:53 PM, nick@n0name.de wrote to M.Brust@gmx.de:

>richtig, es gibt sie und es gibt sie nicht, denn wie gesagt (siehe meine mail
>vom 16.7.): der artikel ist ein rewrite. das original findet du hier:
>http://www.fr-aktuell.de/ressorts/wissen/netzwerk/?sid=ec69510e1779e1fd5a8f5c4e8c9c0c1f&cnt=243710
>
>da 'klaert' sich dann alles auf
>
>Gruesse
>
>nick

Dear Mr. Brust:
In reply to the questions you asked in your July 18 email, I hope the
following is helpful:
1) At present, it does not appear to be a serious problem, but we really
have no statistical information indicating the extent of such activity. It
is unclear how P2P exchanges of scanned books with little or insufficient
reformatting would affect the bottom lines of authors and publishers, since
even commercially-produced e-books have had relatively little penetration in
consumer markets. However, as consumers grow more comfortable reading books
from screens and those who are illegally scanning books become more
sophisticated in reformatting comparable to commercially-produced e-books,
the issue could become more serious for authors and publishers.
2) No, AAP has thus far taken no legal action with respect to P2P exchange
software providers or networks.
3) Never heard of any WIAA; perhaps you are thinking of the National Writers
Union and the Tasini cases, which do not address the P2P issue.
Judith Platt


Judith Platt
Director, Communications/Public Affairs
Director, Freedom to Read
Association of American Publishers
50 F Street, NW
Washington, DC 20001
(202) 220-4551

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