Matze Schmidt on Wed, 6 Nov 2002 16:40:03 +0100 (CET)


[Date Prev] [Date Next] [Thread Prev] [Thread Next] [Date Index] [Thread Index]

Re: [rohrpost] Discordia concors: www.jodi.org (Katalogaufsatz)


hallo, 

was mir noch (verspaetet, sorry) einviel ... 

At 17:10 31.10.2002 +0100, Florian Cramer <cantsin@zedat.fu-berlin.de> wrote:
>Der Rest
>der Website ließ sich nur über Suchmaschinen finden, die auf
>Kritiker-Texte über jodi.org verwiesen, welche wiederum die versteckten
>Sektionen von jodi.org referenzierten - oder man wich gleich auf die
>netzkünstlerische Raubkopie von www.jodi.org auf http://
>www.0100101110101101.org/home/jodi.org aus. So unterminieren jodi die
>corporate identity ihrer eingängigen Netzadresse 

ganau da wuerde ich einhaken: das unterminieren der eigenen hausgemachten
und immer fremdbestimmten "corporate identity" reproduziert diese doch
gerade, ein Dilemma. das Samplen im Bastard-Pop, wo die Stuecke
genre-uebergreifend benutzt werden, zielt auch im effekt auf das sog.
Original. kann man wohl derzeit bei Moby beobachten, wo leute (fans?,
anti-fans?) versuchen herauszufinden, welches sample woherstammt und wo man
die original-vinyl oder ihre kopy bekommt. 

>und verlangen Lesern
>Netz-Arbeit ab; eine Entzugsstrategie, die 
... 

... immer sexy macht also wie der netzstrumpf wirkt. ich wuerde sagen, wir
haben es hier mit einem zentrum zu tun, nicht nur mit einem NETZknoten im
selbstgestrikten WERK. das problem ist ja auch weniger, ob und wie jemand
im white cube wirken darf, sondern dass man dort wirkt <- was als
formulierng durchaus ideologisch gemeint ist. die versoehnung mit den
verhaeltnissen fordert immer die vermittlung, will man handlungsfaehig
bleiben, sonst vermitteln sich die verhaeltnisse schon alleine, und zwar
auf dem umgekehrten weg auf dich zu. 

>führt an ihrer Kanonisierung kein Weg vorbei.

sic
deshalb: kanon abschaffen, netzgesteuerte kataloge her. 

>Leser, die neben Englisch auch Programmiersprachen
>beherrschten, konnten außerdem bemerken, daß das Gedicht ein
>funktionaler Quellcode in der Programmiersprache ,,C`` ist. 

ein argumentform, die wir aus dem 2. jahrhundert kennen (sorry fuer diese
boese rekursive anmerkung): garnichts wird hier 'sichtbar', sondern nur
_als sichtbar_ verhandelt. ich wuerde schon noch unterscheiden zwischen
diskurs und rede:  

>handelte es sich um einen Teil des Quellcodes von jodis ,,Untitled
>Game``, der wiederum auf dem Quellcode des kommerziellen Computerspiels
>,,Quake`` basiert. Indem jodis E-Mail seine Herkunft und Funktion
>unterschlug, machte sie zugleich die ästhetischen und politischen
>Subtexte scheinbar neutraler technischer Befehlsabfolgen sichtbar.

>Die prädigitale Netzkunst, die seit 1960er Jahren unter dem Namen ,,Mail
>Art`` bekannt wurde, förderte ihre offenen Strukturen durch konsequentes
>Mittelmaß.  Jodi.org und die durch diese Website möglich gewordene
>Netzkunst zeigen, wie aus solchen Netzwerken auch herausragende Kunst
>entstehen kann. 

hall of fame 

>Was jodis Kunst zum ultimativen Beispiel
>zeitgenössischer ,,argutezza`` macht - also jener kunstvollen
>Gewitztheit und Urbanität, wie sie in Rhetoriken des 17.  Jahrhunderts
>definiert wurde - ist die simultane Affirmation und Negation ihres Orts
>im Netzwerk. Denn sie selbst ragt viel zu sehr heraus im Geflecht ihrer
>selbstgeknüpften Beziehungen, 

ragt viel zu sehr heraus

grusz

matze

-------------------------------------------------------
rohrpost - deutschsprachige Liste zur Kultur digitaler Medien und Netze
Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost http://post.openoffice.de/pipermail/rohrpost/
Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de/cgi-bin/mailman/listinfo/rohrpost/