Tilman Baumgaertel on Fri, 13 Sep 2002 11:24:37 +0200 (CEST)


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Re: [rohrpost] AW: [rohrpost] Buchstabenwüsten


Ich hatte gedacht, die spielt gerade eine Runde ASCII-Space Invaders und
meditiert ueber die Trennung von Körper und Signal. 

Gruesse, 
Tilman 

At 09:20 13.09.02 +0200, Henning Ziegler wrote:
> 
>
>Tilman, am Lustigsten in der ASCII-Ausstellung fand ich die jungen
>Mädels, die sich offenbar im Rahmen der 'Langen Nacht der Museen' in die
>Ausstellung verirrt haben und die Rechner mal ganz praktisch zum Mailen
>mit GMX genutzt haben.
>http://userpage.fu-berlin.de/~hziegler/pics/ascii_chick.jpg
>
>Henning
>
>
>::
>
>Henning Ziegler
>http://userpage.fu-berlin.de/~hziegler 
>
>New article:
>"The Digital Cowboys - Hackers as Imagined Communities"
>in NMEDIAC, The Journal of New Media & Culture, Summer 2002
>http://www.nmediac.net
>
>> -----Ursprüngliche Nachricht-----
>> Von: rohrpost-admin@mikrolisten.de
>[mailto:rohrpost-admin@mikrolisten.de]
>> Im Auftrag von Tilman Baumgaertel
>> Gesendet: Donnerstag, 12. September 2002 11:24
>> An: rohrpost@mikrolisten.de
>> Betreff: [rohrpost] Buchstabenwüsten
>> 
>> 
>> http://www.taz.de/pt/2002/09/09/a0214.nf/textdruck
>> 
>> 
>> Zeichenwüsten, die zu Bildern werden
>> 
>> Malen mit Buchstaben, das ist ASCII-Kunst. Eine Ausstellung zeigt die
>> Erzeugnisse dieser Computersubkultur
>> 
>> Raumschiffe aus Buchstaben, Kühe aus Buchstaben, Blumengebinde aus
>> Buchstaben, Darth Vader aus Buchstaben - eine kleine Ausstellung zeigt
>nur
>> Bilder, die aus Buchstaben und Sonderzeichen zusammengesetzt sind, die
>so
>> genannte ASCII-Art.
>> 
>> Die Präsentation, die in der ehemaligen Universitätsbuchhandlung an
>der
>> Spandauer Straße von einem kunstgeschichtlichen Projekttutorium der
>> Technischen Universität Berlin organisiert wird, stellt eine der
>> merkwürdigsten Subkulturen aus der an Merkwürdigkeiten nicht gerade
>armen
>> Computerkulturszene vor. ASCII-Art ist ein seltsamer Bastard aus
>> Computerspielerei, konkreter Poesie, Graffito und experimenteller
>> Literatur. Seit über zwanzig Jahren übt sich eine ganze
>Computersubkultur
>> in der schönen Kunst, Bilder aus Buchstaben zu machen. In der
>"wirklichen
>> Welt" ist diese Szene kaum bekannt, von der Kunstwelt ganz zu
>schweigen.
>> Aber im Internet gibt es ungezählte Websites und Foren, in denen
>> unermüdlich neue ASCII-Art gezeigt und diskutiert wird.
>> 
>> ASCII ist die Abkürzung für American Standard Code for Information
>> Interchange, eine Sammlung von 128 Buchstaben und Sonderzeichen wie
>%,&,?
>> oder §, die sich auf jeder Computertastatur finden und von jedem
>Rechner
>> verstanden werden. Der Standard wurde 1963 vom American National
>Standards
>> Institute (ANSI) eingeführt. Die ASCII-Art, die diese Buchstaben und
>> Sonderzeichen nutzt, um mit ihnen Bilder und Grafiken zu produzieren,
>> stammt aus der Zeit, als die meisten Computerbildschirme noch keine
>Bilder
>> anzeigen konnten. Um überhaupt visuelle Elemente in der
>Buchstabenwüste
>> aus
>> Code und Befehlen auf dem Monitor anzeigen zu können, behalf man sich
>mit
>> den Buchstabenbildern. Obwohl das inzwischen nicht mehr notwendig ist,
>> gibt
>> es nach wie vor eine riesige und internationale ASCII-Art-Szene.
>> 
>> Beim normalen Computeruser sind allenfalls die so genannten Emoticons
>> angekommen, die kleinen Buchstabensymbole, die in E-Mails Gefühle
>> signalisieren sollen: ;-) zum Beispiel. Auch in den Cyberpunk-Film
>> "Matrix"
>> taucht ASCII-Art auf: Die Titel des Films entstehen aus über die
>Leinwand
>> rieselnden Buchstaben im historischen Monitorgrün, und auch die
>Hauptfigur
>> Neo (Keanu Reeves) erkennt bei einer Verfolgungsjagd in einer Art
>Vision,
>> dass seine ganze Umwelt eigentlich nur aus ASCII-Code besteht.
>> 
>> Die Ausstellung "Uniting through Standards" zeigt nun eine Auswahl von
>> Werken aus dieser digitalen Kunstgattung. Von der Decke hängt auf
>> Endlospapier ausgedruckte ASCII-Arbeiten, an einer Reihe von Computern
>> kann
>> man Spiele, Filme und interaktive Arbeiten ansehen. Das Niveau reicht
>von
>> Knapp-über- Toilettenschmiererei bis zu Arbeiten von Künstlern, die
>schon
>> an der documenta teilgenommen haben. Die erste Web-Arbeit
>"%20location"
>> des
>> holländisch- belgischen Netzkunstduos Jodi (www.jodi.org), die aus
>> zermörserter ASCII-Art besteht, ist sowohl auf einem Computermonitor
>als
>> auch als Ausdruck zu sehen. Alexei Shulgins "XXX" spielt mit
>enttäuschten
>> Benutzererwartungen: Auf einer pseudopornografischen Seite sind alle
>> Sexbildchen in einer jugendfreien ASCII- Version zu sehen.
>> 
>> Aber ASCII-Art beschränkt sich schon lange nicht mehr auf statische
>> Bilder.
>> Auch das historische Computerspiel "Space Invaders" kann man in einer
>> "Text
>> Only"-Version aus dem Web herunterladen. Selbst Filme wie etwa der
>Sexfilm
>> "Deep Throat" oder "Krieg der Sterne" sind in einer ASCII-Version im
>> Internet zu finden. Einen fast pointillistischen Effekt erzeugt der
>> @sciifyer, auf dessen Website ununterbrochen und automatisch
>Pin-up-Bilder
>> zu Buchstabenwüsten verarbeitet werden.
>> 
>> Es dürfte kein Zufall sein, dass bei vielen ASCII-Arbeiten der
>menschliche
>> Leib - und sei es auch nur in Form von pornografischen Bildern - eine
>> Rolle
>> spielt. So konfrontieren die ASCII-Künstler die Unsinnlichkeit des
>Textes
>> mit der Sinnlichkeit des Körpers. "ASCII-Art steht in einer
>> kunstgeschichtlichen Tradition der Auseinandersetzung von Zeichen und
>> Bild", meinen die Initiatoren der Ausstellung. Ein Rückblick auf die
>lange
>> Geschichte des Schriftbildes, die bis in die Antike zurückreicht,
>bietet
>> die Berliner ASCII-Ausstellung allerdings nicht; auch nahe liegende
>> Verweise auf die konkrete Poesie, die "befreite Sprache" der
>Futuristen
>> oder die Experimente mit neuen Buchstaben durch die französischen
>> Lettristen fehlen. Den gegenwärtigen "state of the ASCII-Art"
>dokumentiert
>> die Show allerdings recht umfassend und auf amüsante Art und Weise.
>TILMAN
>> BAUMGÄRTEL
>> 
>> Bis 14. 9., täglich 14-21 Uhr, im BGF, Spandauer Str. 2, 10178 Berlin
>> 
>> taz Berlin lokal Nr. 6848 vom 9.9.2002, Seite 25, 153 Kommentar TILMAN
>> BAUMGÄRTEL, Rezension
>> 
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