sebastian@textz.com on Fri, 21 Dec 2001 15:09:24 +0100 (CET)


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[rohrpost] Fwd: Re: [NetLit] Textz.com - Netzliteratur? [5x]


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Date: Thu, 15 Nov 2001 22:28:45 +0100
From: sebastian@textz.com
Subject: Re: [NetLit] Textz.com - Netzliteratur?
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naja was heisst lurken, ich betreibe halt ein portal fuer raubkopierte
texte aller art und dachte, hier liesse sich vielleicht das eine oder
andere abgreifen... + anscheinend gab es dieses portal betreffend hier
irgendeine diskussion oder wortmeldung, das weiss ich weniger genau als
ihr. ansonsten bin ich bezueglich deutschsprachiger netzliteratur (netz=
kultur netzwissenschaft was auch immer) im grunde eher, keine ahnung wie
man das nennt... skeptisch? laeuft dann wohl doch auf lurken hinaus...
/s

Oliver Gassner wrote:

 > In diesem Konetxt ist (ausnahmnenweise ;) ) ggf. n outing angebracht:
 >
 > sebastian@textz.com has been added to netzliteratur.
 >
 > (seit ca. 16h10')
 >
 > Da er Dirks Beitrag nicht gesehen haben dürfte (oder Dirk ihn im
 > gemailt hat), waer es nett wenn Dirk ihm seien Beiurag nochmal
 > schickt, dann kann man in dei Diskussion einsteigen.
 >
 > Falls nur Lurken beabsichtigt ist: Schade, aber so sei es ;)
 >
 > OG
 > -
 > Listenhomepage mit Anleitung zum Bestellen und Abbestellen:
 > http://www.netzliteratur.de

-
Listenhomepage mit Anleitung zum Bestellen und Abbestellen:
http://www.netzliteratur.de



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Date: Fri, 16 Nov 2001 15:11:16 +0100
From: sebastian@textz.com
Subject: Re: [NetLit] Textz.com - Netzliteratur?
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schoenen dank fuer die zusammenfassung.

 > Ich berichtete dazu, dass ich gehoert habe, dass
 > der Abfall vom Papier genommen worden sei
 > und nicht von der Vorlage. (nb. faende ich es
 > nett, wenn du das bestaetigen oder dementieren
 > koenntest, das Geruecht foerdernd oder hemmend,
 > Goetz habe damit zu tun.)

habe ich mit einem trivialen (ganz unten angehaengten)
php-script aus einem mir zugegangenen verzeichnis mit
den 343 orginal-html-dateien kompiliert. goetz hat
damit nichts zu tun. das waere auch schwierig, da das,
was autoren an verlage verkaufen, in der regel ja
gerade ihre kopier- und verteil-rechte sind.
natuerlich gibt es gewisse schleichwege. im falle von
empire laeuft sowas zb so: die autoren werden von
mehreren seiten um die herausgabe des manuskripts
gebeten. das muessen sie natuerlich ablehnen, sie
sprechen aber mit ihrem verlag. der muss das auch
ablehnen, stellt aber binnen einer woche ein kopier=
geschuetztes pdf ins netz. tags drauf findet sich ein
crack fuer elcomsofts "advanced pdf password recovery
tool", und nach ein paar minuten erscheint das nicht-
geschuetzte pdf, gefolgt von der plain ascii version.
(zzt bereiten wir die veroeffentlichung einer floppy-
version fuer den indischen markt vor - kein scherz -,
nach moeglichkeit mit einem "vorwort zur ersten
indischen raubkopieausgabe" der autoren. das geht
natuerlich nicht mit jedem buch...)

 > Olivia fragte, ob tzextz.com nicht irgendwann
 > Aerger bekommen wuerde.

irgendwann kann das schon passieren. bislang jedoch
war der einzige "aerger", trotz zum teil ausfuehrlicher
berichterstattung in diversen europaeischen tageszei=
tungen, netzforen etc, die wiederholte beschwerde von
richard stallman (dem erfinder der gnu public licence),
der domainname "gnutenberg.net" sei geeignet, die gnu-
bewegung in misskredit zu bringen, da wir zu bruch von
copyrights aufriefen, waehren sie das nur tolerierten.

 > Oliver erzaehlte davon, dass er gerne Literatur
 > ex Machina geniesst (Handheld) und wies darauf
 > hin, dass man deiner ja leicht habhaft werden
 > koennte, wegen Admin C-Eintrag.

sobald wirklicher "aerger" abzusehen ist, kann textz.com
natuerlich binnen sehr kurzer zeit sehr weit weg ziehen.
der urspruengliche ansatz war aber, kein von vornherein
paranoisches, sondern ein moeglichst transparentes system
herzustellen; und bislang funktioniert das ja auch noch.

 > Michael beleidigte Olivers Palm als Lese-Utensil
 > der SM-Szene.
 >
 > Oliver stimmte einigen Vorwuerfen gegen
 > seinen Handheld zu, wies aber den potentieller
 > Augenschaedigung zurueck.
 >
 > Reinhard lobte das sinnliche Erleben des
 > Buches und will mit dem Lesen vom Miniteil
 > warten bis es um Laengen besser geworden ist.

grundsaetzlich halte ich die angeblichen gesundheitsrisiken
von e-books fuer eine fortsetzung solcher geschichten wie
der vom wahnsinnigwerden durch eisenbahnfahrten mit 35 km/h
zwischen nuernberg und fuerth 1835. andererseits lese ich
natuerlich auch nicht gewohnheitsmaessig buecher am bild=
schirm. textwarez sind nicht zwangslaeufig ein ersatz fuer
buecher, eher ein zusatz. zum suchen einer bestimmten stelle
in einem 500-seiten-text (oder eines bestimmten texts in
einer 5000-titel-bibliothek) verwende ich physiche buecher
jedenfalls nur noch ungern. im grunde ist es ja ein skandal,
dass buechern keine disketten mit dem jeweiligen ascii-text
beiliegen, analog zu den fuenf kopien zum privatgebrauch,
die mir von platten und cds herzustellen erlaubt sind. hier
liegt auch eine moegliche rechtliche luecke fuer textz.com:
"bitte druecken sie nur auf weiter, wenn sie dieses buch
rechtmaessig erworben und bloss verlegt oder verloren haben"

 > Odile ergaenzte, dass sie fuer den Schutz von
 > Urheberrechten eintrete und daher die Verlage
 > verstehe.
 >
 > Oliver provozierte weiteres Geschwaetz von mir,
 > indem er darauf antwortete, dass ich das ja anders
 > saehe.

wie ich das sehe steht wiegesagt unter
http://textz.gnutenberg.net/concept.php3

 > Was mich interessiert ist die 'Philosophie des Copyrightbruchs'.
 >
 > Sicher hat das Copyright _auch_ die Funktion die Investition von
 > Verlagen zu schützen.
 >
 > Es hat aber doch v.a. die Funktion eine Einkommensbasis für den
 > _Autor_ zu sichern.
 >
 > Dazu würde mich die Ansicht bei textz.com interessieren.

was die fehlende einkommensbasis fuer autoren betrifft, so teilt
textz.com die ansicht von amazon.com bezueglich des taeglichen
verhungerns von zehntausenden menschen: wir halten das fuer eine
politisch gewollte und nur politisch zu bekaempfende sauerei,
arbeiten mit unserem dotcom jedoch auf einem feld, das leider
so gut wie gar nichts damit zu tun hat. im ernst: warum die
frage, wovon autoren ihre miete zahlen sollen, ausgerechnet
raubkopierern - die ja im gegensatz zu den meisten autoren im
hinblick auf die dem problem der miete zugrundeliegende eigen=
tumsfrage immerhin eine moegliche antwort vorschlagen - immer
wieder gestellt wird, will mir nicht in den kopf. autoren, die
ihre miete nicht zahlen koennen, moegen sich - sofern sie nicht
bereits mit dem kampf fuer weltweite reisefreiheit fuer alle
und eine gerechtere verteilung der produktionsmittel ausgelastet
sind - einer der zahlreichen initiativen anschliessen, die an
der durchsetzung eines garantierten grundeinkommens arbeiten.

soviel fuers erste
+ schoenen gruss
/s

-------- abfallfueralle.php --------

<?

set_time_limit(0);

for ($t1 = 1; $t1 <= 7; $t1++) {
   for ($t2 = 1; $t2 <= 7; $t2++) {
     for ($t3 = 1; $t3 <= 7; $t3++) {
       $file = file("text{$t1}{$t2}{$t3}.htm");
       for ($line = 0; $line < count($file); $line++) {
         if (strstr($file[$line], "<font face=\"arial\">")) {
           $file[$line] = str_replace("<BR>", "<BR><BR>", $file[$line]);
           $file[$line] = str_replace("<BR><BR><BR><BR><BR><BR><BR>",
             "<BR><BR><BR><BR>", $file[$line]);
           echo "--------{$t1}{$t2}{$t3}--------<BR><BR>{$file[$line]}
             <BR><BR><BR><BR>";
           $i++;
         }
       }
     }
   }
}

echo $i;

?>

-
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Date: Sat, 17 Nov 2001 17:41:11 +0100
From: sebastian@textz.com
Subject: Re: [NetLit] Textz.com - Netzliteratur?
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 > > was die fehlende einkommensbasis fuer autoren betrifft, so teilt
 > > textz.com die ansicht von amazon.com bezueglich des taeglichen
 > > verhungerns von zehntausenden menschen: wir halten das fuer eine
 > > politisch gewollte und nur politisch zu bekaempfende sauerei,
 > > arbeiten mit unserem dotcom jedoch auf einem feld, das leider
 > > so gut wie gar nichts damit zu tun hat.
 >
 > Das ist aber schwach, nicht? Es wäre ziemlich schwierig, eine
 > Kausalverbindung zwischen dem Bücherverkauf durch Amazon und dem
 > Verhungern von Menschen herzustellen - höchstens auf dem
 > indirekten Wege, daß beides Ausflüsse des Kapitalismus in seinem
 > globalisierten Stadium ... blablunder...bladonder...

gerade darauf wollte ich ja hinaus: dass ein unmittelbarer - nicht
nur angeblich vermittels einer abstrakten kapitalistischen totalitaet
gegebener - zusammenhang zwischen netzbuchlaeden und hungertoten
nicht besteht, genausowenig wie eine direkte kausalverbindung
zwischen textwarez-websites und autoren entgehendem einkommen.

 > Und als Raubdrucker müßt Ihr Euch schon fragen lassen, ob Ihr
 > nicht eine *persönliche* (und nicht auf dem Umweg über anonyme
 > kapitalistische Wirkkräfte neutralisierte) Verantwortung dafür
 > tragt, daß einige Papier-Bücher weniger verkauft werden - was
 > auf Seiten von deren Autoren (falls die Annahme des
 > Minderabsatzes denn stimmte)  sehr wohl zu Einkommenseinbußen
 > führte. Keine Kleinigkeit bei dem, was die Verlage ihren Autoren
 > heute so zahlen.

das autoren durch piraterie entgehende einkommen halte ich im
allgemeinen fuer erheblich ueberschaetzt, wenngleich es natuerlich
theoretisch denkbar ist, dass ich durch das veroeffentlichen eines
bestimmten textes auf textz.com "persoenlich" einen entsprechenden
kaufakt verhindere. wenn ich mir jedoch die allgemeine einschaetzung
der wirkungsmacht von zb literaturkritik vor augen fuehre, dann will
ich mir gar nicht vorstellen, wieviel "persoenliche" verantwortung
fuer einkommenseinbussen die verfasserInnen von verrissen auf sich
laden. ich glaube, eine ethische debatte ueber individuelle schuld
am nichtzustandekommen geplanter kaufakte moechte ich lieber nicht
fuehren. zumal ich sowieso davon ueberzeugt bin, dass der hauptgrund,
aus dem ich mir bestimmte buecher nicht kaufe, darin liegt, dass
diese wegen der enorm gestiegenen kapitalkonzentration in der text=
industrie und einer immer mehr auf maximierung der shareholder value
der verlage ausgerichteten veroeffentlichungspolitk erst gar nicht
erscheinen.

 > > im ernst: warum die frage, wovon autoren ihre miete zahlen
 > > sollen, ausgerechnet raubkopierern - die ja im gegensatz zu
 > > den meisten autoren im hinblick auf die dem problem der miete
 > > zugrundeliegende eigentumsfrage immerhin eine moegliche
 > > antwort vorschlagen - immer wieder gestellt wird, will mir
 > > nicht in den kopf.
 >
 > Das spricht aber nicht unbedingt für Deinen Kopf. Ist die
 > erwähnte Einkommensminderung die Strafe dafür, daß einige
 > Autoren für die Eigentumsfrage keine Antwort vorschlagen, oder
 > besser gesagt, sich an die derzeit gegebene Antwort halten und
 > nicht Euch mit Eurer Antwort unterstützen? Kann man das als eine
 > Art vorweggenommenes Revolutionsgericht ansehen?

ich wuerde das eher - solange die erwaehnte einkommensminderung
keine bloss spekulative ist - als natuerlichen schwund ansehen,
analog zum "realen", physischen buecherklau, zu dem die mehrzahl
der autoren ja auch ein pragmatisches verhaeltnis pflegt, statt
moralgetriebene buendnisse gegen den ladendiebstahl zu schmieden.

 > > autoren, die ihre miete nicht zahlen koennen, moegen sich -
 > > sofern sie nicht bereits mit dem kampf fuer weltweite
 > > reisefreiheit fuer alle und eine gerechtere verteilung der
 > > produktionsmittel ausgelastet sind - einer der zahlreichen
 > > initiativen anschliessen, die an der durchsetzung eines
 > > garantierten grundeinkommens arbeiten.
 >
 > Was, konsequent zu Ende geführt, nichts anderes bedeutet, daß es
 > eigentlich gar keine Autoren (im Sinne von Leuten, die z.B.
 > Literatur machen und davon leben wollen) geben soll, solange
 > Deine persönlichen Vorstellungen von einer besseren Welt nicht
 > erfüllt sind.

selbstverstaendlich sollen autoren auch unter den gegebenen
verhaeltnissen vom schreiben leben wollen duerfen (will ich ja
"persoenlich" auch). nur hielte ich den ruf von autoren nach
mehr kopierpolizei (ganz gleich, ob es sich um einen appell an
die politik handelte, task forces einzurichten, oder um einen
aufruf an die nutzerInnen digitaler netze, aus gewissensgruenden
auf die offensichtlichsten funktionen ihre geraete zu verzichten)
fuer ein blosses echo solcher forderungen wie der nach sichereren
vor- und saubereren innenstaedten, will sagen: um die bitte, einen
gesellschaftlichen widerspruch zugunsten eines partikularen und
privaten interesses ordnungspolitisch zu schliessen.

autoren vor dem unbezahlten zirkulieren ihrer werke zu schuetzen
hiesse, eine massenhafte, weltweite und vollkommen evidente praxis
im umgang mit digitaler technik zu verfolgen, und das ist diesseits
des polizeistaats nicht zu haben (insbesondere, weil der hier ja
als moegliche loesung angefuehrte tendenzielle aufstieg der user zu
buergerlichen normalvebrauchern ein weg ist, der global gesehen nur
einer verschwindenden minderheit ueberhaupt offensteht). mir ist
ein pragmatischer umgang mit illegalen sozialen praktiken, die der
allgemeinheit nicht ernsthaft schaden (und es wird ja niemand
behaupten wollen, dass die finanziellen schaeden durch software=
piraterie im vergleich zu ihrem sozialen nutzen auch nur irgendwie
ins gewicht fielen, oder?), lieber als das verbot von dingen, die
sich nicht verhindern lassen, und vor allem ist mir die relative
offenheit jener protokolle, die den gegenwaertigen digitalen netzen
zugrundeliegen und dem reibungslosen markt-werden jedes digitalen
austauschs im wege stehen, wichtiger als die verwertungsinteressen
von inhabern geistigen eigentums.

ausserdem wurde ich zb courtney loves text ueber musik und piraterie
(http://textz.com/index.php3?text=courtney+love+music+piracy) noch
einmal dringend zur lektuere empfehlen. die figur des von piraten
bestohlenen autorenindividuums ist naemlich vor allem deshalb eine
maerchengestalt, weil die eigentuemer von urheberrechten ja so gut
wie nie die jeweiligen urhebersubjekte sind, sondern eine rapide
schrumpfende zahl rapide wachsender konzerne, deren kerngeschaeft
die verwertung ebendieser rechte ist, und zwar nicht selten explizit
gegen die interessen der autoren (von den interessen der benutzer
mal ganz zu schweigen). zu viel mehr als zu zivilem ungehorsam gegen
diese eigentumsverhaeltnisse wollte ich eigentlich gar nicht
aufrufen, ganz gleich, ob es dabei um das cracken proprietaerer
aids-medikamente geht oder um das - vergleichsweise weniger
dringende - cracken proprietaerer literatur und theorie. "konsequent
zu ende gefuehrt", da hast du recht, wuerde das tatsaechlich auf
die abschaffung bestimmter gesellschaftlicher verhaeltnisse hinaus=
laufen, also auf eine "bessere welt", die ueber das bloss billiger
lesen noch hinausginge.

schoenen gruss
/s

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Date: Tue, 20 Nov 2001 00:32:03 +0100
From: sebastian@textz.com
Subject: Re: [NetLit] Textz.com - Netzliteratur?
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 > > mir ist ein pragmatischer umgang mit illegalen sozialen
 > > praktiken, die der allgemeinheit nicht ernsthaft schaden (und
 > > es wird ja niemand behaupten wollen, dass die finanziellen
 > > schaeden durch software= piraterie im vergleich zu ihrem
 > > sozialen nutzen auch nur irgendwie ins gewicht fielen, oder?),
 > > lieber als das verbot von dingen, die sich nicht verhindern
 > > lassen.
 >
 > Das eröffnet in der Tat bemerkenswerte Perspektiven für die
 > Weiterentwicklung des Konzeptes von "Rechtsstaatlichkeit".

genau. und diese weiterentwicklung - also der abschied von der
vorstellung, jede strafbewehrte handlung muesste allein schon
wegen der zu wahrenden "rechtsstaatlichkeit" verfolgt werden,
ganz gleich ob das der allgemeinen politischen vernunft oder
einem konkreten politischen willen entspricht - findet ja auch
real statt (zb in der form, die gemeinhin als "hollaendisches
modell" bezeichnet wird) und hat, wenngleich stets nur lokal,
zur einstellung einiger voellig aussichtsloser feldzuege gegen
millionenfach betriebene soziale praktiken gefuehrt (die raub=
kopiererei ist ja hoechstens das drittaelteste gewerbe der welt).

natuerlich ist textz.com im engeren sinne "kriminell", insofern
dort monatlich eine knapp fuenfstellige zahl von texten gelesen
und/oder kopiert werden, deren copyright-status das zum teil
eigentlich verbietet. dennoch ist die site weder darauf angelegt
noch dazu geeignet, in einem solchen ausmass textsharing zu
ermoeglichen, dass das irgendwelchen konzernen gefaehrlich werden
koennte. es ist ja relativ offensichtlich, dass es sich bei
textz.com um eine zu einem gewissen grad *symbolische* unter=
nehmung handelt, die einen bestehenden freiraum besetzt und zu
dessen offensiver nutzung einlaedt.

damit ist textz.com natuerlich auch "kunst" (falls das ein
begriff sein soll, dessen bedingungen sich seit dem neunzehnten
jahrhundert nochmal ein klein wenig veraendert haben), wenngleich
die site weder explizit als solche intendiert ist noch explizit
als solche in erscheinung zu treten versucht. die kunst bestuende
vermutlich in einer mit verschiedenen gestalterischen mitteln
hergestellten rekontextualisierung der bibliothek als warezarchiv,
also in der verschiebung von gutenberg nach gnutenberg, was einen
bestimmten technischen und sozialen widerspruch reflektiert bla
bla bla. nur fuehle ich mich als "autor" von textz.com eher
weniger als mehr dazu aufgerufen, das zu beurteilen. kann sein,
dass textz.com irgendwann mal ein taktisches interesse daran
haben koennte, "nur" kunst zu sein; ansonsten ist mir das nicht
so wichtig.

und was den mangelnden "anarchismus" betrifft: wenn im ernst
schon die vorderseite von textz.com einen eingriff in *persoen=
lichkeitsrechte* darstellen soll, dann moechte ich die rueckseite
(insbesondere die struktur der logfiles) lieber gar nicht erst
erlaeutern - dann betreibe ich in der tat einen herrschaftsapparat.
was mir aber angesichts der tatsache, dass neun von zehn besuchern,
um mich besuchen zu koennen (und neun von zehn autoren, um ihre
texte zu schreiben), einem prosastueck wie der eula (dem end user
license agreement der firma microsoft) ungelesen zugestimmt haben,
nicht wirklich schlaflose naechte bereitet.

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Date: Tue, 20 Nov 2001 21:24:30 +0100
From: sebastian@textz.com
Subject: Re: [NetLit] Textz.com - Netzliteratur?
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 > Meine symbolträchtige Handlung, wenn Texte von mir ungefragt
 > irgendwo herumschwirren oder eingeframet sind:
 > http://www.faktuell.de/Nestbeschmutzer/werbeframes.shtml
 > und die vorsorglichen Nutzungsbedingungen:
 > http://www.faktuell.de/konditionen.shtml

ich habe mir das angeschaut. faktuell.de ist in der tat das genaue gegenteil
dessen, was mich am internet interessiert. insbesondere der disclaimer, der
nicht nur alle rechte vorbehaelt, framing als genehmingungspflichtig ausweist
und strafrechtliche verfolgung androht, sondern auch noch "einfaches leserecht
erteilt" (als koenne mir selbst das noch entzogen werden).

genausowenig schert mich das "framing-urteil gegen 'linke links'" des
landgerichts koeln, das ich fuer aehnlich absurd halte wie die angebliche
verantwortung fuer die inhalte gelinkter websites. mir fehlen die mittel, sowas
persoenlich durch alle instanzen anzufechten, aber zum glueck endet deutsches
recht ja an den deutschen grenzen.

die verrechtlichung des internet bedeutet nichts anderes als das verbot von
code, was nicht nur wegen der konkreten folgen verheerend ist, sondern auch
wegen der rechtsphilosophischen konsequenzen. denn es geht dabei ja (auch wenn
das in deutschland niemand diskutieren mag) um das verbot bestimmter aussagen in
bestimmten sprachen, also um die einschraenkung eines elementaren grundrechts.
(bevor mir jemand vorwirft, ich wuerde das an den haaren herbeiziehen, bitte mal
code und free speech und gern auch den angefuehrten lawrence lessig in google
eingeben...)

ich moechte <frame src=...> und <a href=...> benutzen duerfen, ohne dass
ausgerechnet das landgericht koeln mir vorschreibt, welche werte ich den
entsprechenden variablen zuzuweisen habe - und ohne von leuten belaestigt zu
werden, die einerseits behaupten, eine zumindest vage kenntnis der materie zu
haben, andererseits aber um das framen oder linken ihrer websites teure prozesse
fuehren, statt ihre sinnlos bandbreite verschwendenden disclaimer einfach durch
*zwei* zeilen javascript zu ersetzen.

sich nicht framen lassen geht so:

<script language=javascript>
if (top.frames.length > 0)
   top.location.href = self.location;
</script>

und sich nicht linken lassen zb so:

<script language=javascript>
if (document.referrer.substr(8, 9) == "textz.com")
   history.back();
</script>

womit sich jede weitere diskussion ueber frames und links hoffentlich eruebrigt.

darueberhinaus moechte ich aber auch zb php in vollem umfang benutzen duerfen,
einschliesslich der folgenden drei zeilen, die den aktuellen inhalt von
faktuell.de auf meiner website ausgeben (und der paar mehr zeilen, mit denen
sich die komplette site spiegeln) laesst:

<?
$file = file("http://www.faktuell.de";);
for ($i = 0; $i < count($file); $i++)
   echo $file[$i];
?>

oder soll auch das verboten werden? (und wenn ja: was genau? diese drei zeilen?
oder auch das korrigieren der rechtschreibung, austauschen von woertern, aendern
der farben usw? oder generell die anwendung der funktion file() auf fremde
websites? oder nicht besser gleich deutschlandweit den ver- und betrieb von php-
versionen, bei denen diese funktion nicht gesperrt ist?)

und vor allem: was tun mit dem kasachen, der so ein script auf seiner domain
faktuell.kz installiert?

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