sascha on Sun, 14 Oct 2001 10:04:39 +0200 (CEST)


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Re: [rohrpost] PWC: Praktikumsplatz


lieber gerrit,
meine sicherlich verkürzte, für joachim "blockwartartige" intervention,
zielte darauf ab, statt einer definitiv bescheuerten stellenausschreibung
eine detailreiche erläuterung, so wie du sie nun geliefert hast, zu
bekommen. nach wie vor empfinde ich es als unseriös, hohle versprechungen
zu machen. wenn die sachlage so ist, wie du sie beschreibst (kein geld,
feierabendkunst, etc.), dann sollte man dass in die stellenausschreibung
reinschreiben. also bitte nicht wundern, wenn durch den schein, der
erzeugt wird, das sein nicht erkannt wird.
um es nochmal klar zu sagen: nicht das anbieten des praktikumplatzes als
solches ist zu beanstanden, auch nicht die mangelhafte finanzielle
ausstattung, sondern das kaschieren dieses zustandes mit dem ausweichen in
eben hohle versprechungen. dass dieser zustand mit einem lamento über die
ach so trüben aussichten in berlin nicht besser werden, versteht sich von
selbst. wir hier in der provinz kommen langsam davon ab, immer wieder den
städtischen kulturplan mit unbezahlter arbeit zu verschönern. die parole
kann nur lauten: arbeit gegen geld oder lebensmittel. alles andere ist
nicht akzeptabel. als realist weiss ich natürlich, dass zwischen dieser
forderung und (auch der eigenen lebens-) realität ne ziemlich grosse
lücke klafft.
--
|||SaB.->

On Sat, 13 Oct 2001, Gerrit Gohlke wrote:

> Matze Schmidt schrieb:
> >
> > Wir bieten gute Bezahlung und Empowerment und erwarten bei
> > festen Arbeitszeiten gute Kontakte bei der Arbeit
> > mit internationalen KünstlerInnen und KunstvermittlerInnen usw. ;-)
>
>
> Eine schöne Beschreibung des Idealfalls, vielleicht bewerbe ich mich,
> besonders die Arbeit mit den KunstvermittlerInnen wird mir Spaß
> machen...
>
> Um aber noch ein Wort zur hohlen Ausbeutung durch unseriöse
> Kunstspelunken zu sagen: Das PWC Projekt ist ein Feierabendprojekt. Es
> wird von ein paar inbrünstig eifrigen Kulturaktivisten gemacht, die
> zunächst einmal nur sich selbst ausbeuten. Die Idee des Projekts (neue
> Rezeptionsbedingungen ausprobieren, realräumliche Interaktion schaffen,
> aktuelle Tendenzen im Ausstellungsbetrieb zuspitzen und augenfällig
> machen) war ebenso spontan wie vollständig unfinanziert. Alle drei
> Initiatoren zahlen deshalb die Projektkosten bislang aus der eigenenm
> ganz privaten Tasche, um auszuprobieren, ob die Idee funktioniert.
> Ichkenne viele Projekte, die so beginnen und erstaunlich lange so
> arbeiten. Sie sind gerade in Berlins auf-, d.h. zum Markt strebender
> Kulturlandschaft ausgesprochen nützlich. Man nehme nur ein
> publizistisches Projekt wie die Berliner Gazette, der Beispiele sind
> aber viele. Immer das gleiche Prinzip: Irgendwer sponsort einen Raum,
> einen Server, etc. Der Rest ist Feierabendaktivismus. Seit 10 Jahren
> speist sich ein großer Teil der interessanteren Berliner Kunstszene aus
> diesem temporären Privatinterventionismus - erstens, damit überhaupt
> etwas passiert, zweitens um eine gewisse Unabhängigkeit auszukosten,
> drittens weil Berlin bislang eine Plattform zur Koordination solcher
> Vorhaben fehlt (was sich bald ändern könnte).
>
> Natürlich wäre die Institutionalisierung und finanzielle Sättigung
> solcher privat gegründeten Projekte besser für die Altersversorgung und
> die Arbeitsbedingungen ihrer Teilnehmer. Betrachtet man aber laufende
> Kulturhaushalte, das Versiegen von Quersubventionen aus der siechen New
> Economy und den auffälligen Mangel an mäzenatischem Engagement in
> Berlin, ist eine Verbesserung nicht zu erwarten.
>
> Es wird also weiter unterfinanzierte Projekte und Spontangründungen von
> Initiativen geben. Berücksichtigt man nun, daß es kaum eine
> Kulturinstitution in Berlin gibt, die in ihrer Arbeit ohne Hospitanzen
> und Praktika auskommt, fragt man sich verblüfft, weshalb ein
> unabhängiges temporäres Kunstprojekt kein Praktikum anbieten soll.Anders
> als bei manchem Internship in der freien Wirtschaft, wird im latent
> anarchischen PWC-Projekt von vornherein ganz klar gemacht, worauf man
> sich einläßt. Und anders als bei mancher Hospitanz in einer
> Großinstitution hat man als Praktikant ein paar Einwirkungsmöglichkeiten
> aufs Projekt.
>
> So what?
>
> Beste Grüße
>
> Gerrit
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