bleed on 9 Jan 2001 18:01:26 -0000


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[rohrpost] nato cluster and piercing


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NATO CLUSTER AND PIERCING
Aus Aktuellem Anlass: Debug-Rewind.

(Dieser Artikel von Martin Sachwitz erschien zuerst in Debug 26 / 
August 1999, wir Wiederholen ihn hier aus offensichtlichen Gründen, 
und um darzustellen wie lang die Leitung in den Uffizien der Republik 
gelegentlich sein mögen. )

NATO Cluster and Piercing
Martin Sachwitz

Neulich, ja neulich mussten wir NATO-Menschen mal schnell das 
Kosovo-Land befrieden; zwangsweise und mit viel Bauchschmerzen. So 
etwas ist uns Deutschen mindestens schon seit 50 oder mehr Jahren 
nicht passiert. Glücklicherweise ist uns keine Hand abgefault, das 
Grundgesetz wurde zwar versenkt, wenn nicht gar auf Grund gesetzt, 
aber wir sind wie immer wieder einmal auf der richtigen, weil 
Siegerseite. Der Bösewicht M - der Filmklassiker der 20er Jahre 
zeigte es - trägt die volle Verantwortung und wird per Kopfgeld von 
staatlichen und/oder kriminellen Jägern verfolgt. Solange aus 
luftigen Höhen das Videogame abging und die kleinen Rambos 
Panzerattrappen, Kraftwerke und Kliniken bombardieren konnten, war ja 
alles bestens und die Stimmung in den Kriegercasinos riesig. Nun aber 
müssen unsere olivgrünen Bündnisjungs in den Bodenkampf, denn 
Bodenhaltung, so steht es ja sogar auf den Eierpackungen, ist so 
ökologisch. Wenn da nicht die Altlasten der erfolgreichen Beseitigung 
von Waffensystemen wären, denn es gibt keine neuen, schöneren 
Kriegsspielzeuge, wenn die alten nicht verbraucht sind. Erst einmal 
hat es zwei in britischen Diensten stehende Gurkhas zerfetzt. Nun 
sind diese aus dem Nepal stammenden Relikte herrlicher Kolonialzeiten 
schon immer dafür bekannt, in Himmelfahrtskommandos eingesetzt zu 
werden. Schwupps wusste Premierminister Tony Blair auch gleich, dass 
eine besonders hinterhältige serbische Minenfalle, natürlich auch 
noch in einer Schule deponiert, die beiden Gurkhas und, weniger 
erwähnenswert, noch ein paar Eingeborene erwischt hat. Das eher 
beiläufige Dementi gab dann als Ursache Clusterbomben an. Diese 
Dinger, im NATO Jargon CBU-87/B, für Cluster Bomb Unit, werden von 
unseren amerikanischen Freunden bei Aerojet General / Honeywell 
hergestellt und gelten bei den Militärs als besonders kostengünstige 
Variante zum Killen von Soft Targets - also Menschen und so. Und 
wirklich beträgt der Listenpreis nur läppische 13 941 $ - der letzte 
Dollar ist wohl der Aufpreis für die besonders schöne gelbe Farbe, 
mit der die 202 Bomblets (20cm lang, 6 cm Durchmesser) in jeder CBU 
verziert sind. Eine reiche Variation der Zündung (Höhe, Entfernung, 
Zeit) animiert zu viel Kreativität. Dadurch ist es möglich, mit einer 
Bombe etwa 200 mal 400 Meter tödlich abzudecken. Besonders bösartige 
Zungen behaupten, dass diese Streubomben eine 5 bis 10%ige 
Blindgängerrate eingebaut haben, um auch noch nach dem Angriff als 
Landmine für nette Überraschungen zu sorgen; Lady Di hätte sich über 
ein neues Betätigungsfeld bestimmt gefreut. Beim Desert Storm 1991 
wurden 10 035 CBU-87's abgeladen, wieviel waren es im Kosovo? Einige 
Zeitungen wollen wissen, dass 11 500 Splitterbomben nicht explodiert 
sind und auf ihre Opfer lauern. Demnächst in diesem Kino.
Aber nicht nur clustern ist angesagt, es wurde auch fleissig 
gepierced. Nun kann Piercing ein schöner Schmuck sein, wenn jedoch 
unsere NATO Krieger dies tun, dann werden keine Ohren oder Zungen 
verziert, sondern feindliche Panzer und Bunker geknackt. Als Werkzeug 
dient unseren Künstlern eine GAU-8/A Avenger Schnellfeuerkanone, 
wahlweise plaziert in AH-64 Apache Helikoptern oder auch in den 
beliebten Warthog (Warzenschwein) A-10 Flugzeugen, die mit 25mm Armor 
Piercing M919 oder 30mm PGU-14/B API Armor Piercing Incendiary 
Munition bestückt sind. Das klingt erst einmal nur wie üblicher 
militärischer Kauderwelsch, jedoch haben es die Patronen in sich - 
nämlich abgereichertes Uran. Vor dem Terminieren muss erst einmal 
penetriert werden, und dafür eignet sich hervorragend Uran, um mit 
hoher Geschwindigkeit, grosser Dichte (2mal Blei) und - als Legierung 
mit Titan - extremer Härte durchschlagenden Erfolg bei Panzerungen zu 
erzielen. Abgereichertes oder Depleted Uranium (DU) ist ein 
Abfallprodukt bei der Herstellung von Reaktor- oder Waffenuran. 
Besteht das natürliche Uran aus einer Mischung der Isotope Uran-235 
(0,7%) und Uran-238 (99,3%), so ist nach Extraktion des wertvollen 
Uran-235 der tonnenweise anfallende Rest 0,7 mal weniger radioaktiv 
als das natürliche Uran. Die Halbwertzeit von DU beträgt 4,5 
Milliarden Jahre, da sind also nach dem geschätzten Alter der Erde 
erst die Hälfte des Urans in leichtere Kerne zerfallen. Ist das Zeug, 
einmal verschossen, wirklich so harmlos, wie uns das der offizielle 
Report des US Kongresses (Summary Report to the Congress, 
www.fas.org) glauben machen will? Hat es der abgespeckte Fischer, den 
alle bundesgermanischen Maggies so unendlich lieben, weil ihr Homer 
Simpson zu Hause es nie schafft, hat es dieser artenbedrohte 
olivgrüne Jäger 90 geschafft, zum gefährlichen Castor noch einen 
harmlosen Pollux zu erfinden, um radioaktive Abfälle in einem 
garantiert ökologischen Krieg zu entsorgen?
Wie beim Alkohol zeigt es sich auch hier, dass Sachen, die in kleinen 
Dosen ganz nett sind, deshalb nicht gleich in Massen konsumiert 
werden sollten. Beim Desert Storm War Game wurden etwa 300 Tonnen DU 
im Spielgebiet verteilt. 90 000 US Veteranen, nach dem Kontakt mit DU 
wirkliche Veteranen, klagten über Folgeschäden (Golf Krieg Syndrom) - 
mit mässigem Erfolg (www.miltoxproj.org). Über die Iraker, die die 
Scheisskarte gezogen haben, reden wir natürlich nicht. Was macht das 
Zeug eigentlich? Uran ist ein Alpha-Strahler, sendet diese fetten 
Heliumkerne aus, die im Körper nur etwa 0,03mm weit fliegen und dann, 
ihre Energie vollständig abgegeben, stecken bleiben. Schon ein Blatt 
Papier stoppt sie vollständig. Um da Schaden anzurichten, muss schon 
kräftig eingeatmet oder urangepuderte Lebensmittel verzehrt werden, 
damit die Betroffenen Leukämie, Genschäden, Haut- oder Lungenkrebs 
abgreifen können. Nicht vergessen sollten wir, dass Uran ein 
toxisches Schwermetall ist, also Nieren und Leber beim Entgiften ein 
wenig überfordert sein könnten. Nun, das alles klingt trotzdem nicht 
gerade super gefährlich, ein belgisches Huhn mit Cola oder ein 
britisches Steak stellen da eine ganz andere Herausforderung dar. 
Ganz anders sehen das unsere Preussen. Der honorige Prof. Dr. 
Siegwart-Horst Günther, seines Zeichens Präsident des Gelben 
(gelben?) Kreuzes International hatte nach dem Golf Krieg einen 
Freund in Berlin veranlasst, eines dieser im Irak zurückgelassenen 
Urangeschosse zur Untersuchung in die Strahlenklinik der FU-Berlin 
(Prof. Dr. R. Felix) zu geben. Erstmal passierte natürlich gar 
nichts, aber nachdem es dann endlich unsere Polizei, dein Freund und 
Helfer, merkt es euch endlich mal, gecheckt hatte, warteten am 
20.7.92 sieben Polizisten in Schutzanzügen in der FU auf ihn. 
Verknackt vom Berliner Amtsgericht am 15. 01. 1993 wegen Verstoss 
gegen das Atomgesetz. Ja, Atome strahlen nun mal anders in den 
verschiedenen Gegenden dieser Welt.

Der Autor dieses Artikels ist Hochenergiephysiker.
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