Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig (by way of Krystian Woznicki) on Fri, 26 May 2000 18:08:21 +0200 (CEST)


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[rohrpost] I love you too, but...


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  GALERIE FÜR ZEITGENÖSSISCHE KUNST LEIPZIG

04. Juni bis 23. Juli 2000
Eröffnung der beiden Ausstellungen: 03. Juni 2000, 19 Uhr

„I love you too, but...“ – Positionen zwischen Comic-Ästhetik und Narration
+
„The Additional Bedroom“, Richard Hoeck, Blinky Palermo- Stipendiat der
Ostdeutschen Sparkassenstiftung 2000

Richard Hoeck (* 1965) aus Wien ist der zweite Preisträger des Blinky
Palermo-Stipendiums der Ostdeutschen Sparkassenstiftung im Freistaat
Sachsen. Sein vielschichtiges Werk bewegt sich an den Schnittstellen von
bühnenhafter Inszenierung, gesellschaftskri-tischem Kommentar und der
Schaffung alternativer Infrastrukturen.

Die Ausstellung „The Additional Bedroom“ führt ein Projekt fort, das 1999
als Gedankenmodell begann und nun schrittweise realisiert wird. In Leipzig
entsteht ein Decken-Graffiti. Schaumstoffkeile – Abstraktion eines Möbels –
ermöglichen es, das Graffiti aus einer liegenden Position zu betrachten.
Die Arbeit Revolving Stage läßt eine Liegelandschaft um einen fest
integrierten Weinkühler rotieren. Das Burleske von Material und Ausführung
enttäuscht Erwartungshaltungen an Kunstobjekt und museale Inszenierung. Ein
Poster der legendären Uschi Obermeier kontextualisiert die Arbeit in
Referenz an Erotikfilme der 70er Jahre. Das Objekt ist profane
Liegelandschaft, architektonisches Modell, utopischer Raumentwurf und
Kunstobjekt zugleich.Das großformatige Diagramm stellt nahezu didaktisch
Funktionsabfolge und unterschiedliche Ebenen einer möglichen Raumstruktur
dar. Die Arbeit Kompression übersetzt die abstrakten Überlegungen in einen
dreidimensionalen Grundriß aus einfachem Bauholz. Sie ist Annäherung an
eine gebaute Lösung – eine Verdichtung der bis dato entwickelten Ideen im
Maßstab 1:1. Das Material läßt an Holzverschalungen einer realen
Architektur denken und bleibt als Materialstudie gleichzeitig dem
Modellhaften verbunden. In Leipzig wird der Raumentwurf durch die neu
entstandene Deckenmalerei um den Aspekt der Innengestaltung erweitert.

„I love you too, but...“. Arbeiten von Martin Eder, Pierre Huyghe/Philippe
Parreno, Takashi Murakami, Muntean/Rosenblum, Anny Öztürk, Pietro
Sanguineti, Simone Westerwinter

Mit der Pop Art in den 60er Jahren zog, neben anderen Elementen der
Populärkultur, erstmals auch die Ästhetik der Comics in die Bildwelt der
Kunst ein. Im Zuge der fast alle Lebensbereiche umfassenden 
computergestützten Medialisierung in den 90er Jahren tauchen in Form von
Video- und Computerspielen klassische Elemente des Comics wieder auf. Hier
wird, ebenso wie in den Comics, eine künstliche Welt bildhaft generiert. In
diesem Zusammenhang nimmt es kaum wunder, daß die Bildwelt und Ästhetik des
Comics wieder verstärkt in den Fokus des Interesses von Künstlern tritt.

Im Rahmen der Ausstellung „I love you too, but...“ werden Werke von
Künstlern gezeigt, die auf unterschiedliche Weise das für die Bilderzählung
des Comics kennzeichnende Instrument: die Gleichzeitigkeit von Text und
Bild nutzen bzw. sich auf die spezifische Bildästhetik des Comics beziehen.
Die eindimensionale Geschichte im Unterhaltungsmedium Comic scheint hierbei
in vielfacher Hinsicht ein Ausgangspunkt für die Konstruktionen von
künstlicher Wirklichkeit zu sein. Letztere geht jedoch über die reine
Erzählung hinaus, um weiterführende Fiktionen zu ermöglichen (Öztürk). In
den seltensten Fällen steht die Lust an der Erzählung im Vordergrund.
Oftmals werden Momente des Narrativen eingesetzt, um die Künstlichkeit
medialer Konstruktionen von Wirklichkeit, wie sie sowohl in Comics, aber
auch in anderen Bereichen der Medienkultur – beispielsweise der Werbung –
zweckbestimmt eingesetzt werden, offenzulegen und zu hinterfragen (Eder).
Nicht selten wird aber auch über einen Bruch der Einheit von Bild und Text
der narrative Zusammenhang aufgelöst und darüber hinausgehende multiple
Bedeutungsschichten erschlossen (Muntean/Rosenblum). Ein kritisches
Infragestellen der gegenseitigen Abhängigkeit von Text und Bild als einem
letztlich doch limitierten strukturellen Instrumentarium findet oftmals
statt (Westerwinter). Daneben sind Arbeiten zu sehen, die auf einzelnen
Merkmalen der für den Comic charakteristischen visuellen Bildsprache
beruhen und diese in isolierter Form darstellen, ohne sie in einem
vordergründig narrativen Zusammenhang zu präsentieren (Sanguineti).
Vielfach werden auch einzelne inhaltliche Spezifika, wie beispielsweise der
Trivialmythos vom einsamen Comic-Helden, zum Ausgangspunkt für die Kreation
eines Charakters oder einer Erscheinung (Huyghe/
Parreno, Murakami).

Wir würden uns freuen, Sie zur Eröffnung in Leipzig begrüßen zu dürfen.
Weiteres Informationsmaterial und Abbildungen können auf Wunsch gerne
zugesendet werden. Richard Hoeck wohnt derzeit als Stipendiat in unserem
Studiohaus und steht gern für Gespräche zur Verfügung.

Freundliche Grüße
Stefanie Sembill
Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig
 
 
 
 



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