Florian Cramer on Fri, 19 May 2000 14:25:41 +0200 (CEST)


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Re: [rohrpost] Re: Virtuelles Tam-tam


Am Thu, 18.May.2000 um 14:53:28 +0200 schrieb Reinhold Grether:
> Florian Cramer fraegt:
> >Was ist, außer in der Benennung, der Unterschied zu einer
> >Denial-of-Service-Attacke von Skript-Kiddies?
> 
> Genau die drei erwaehnten Punkte:
> 1) Transparenz, 2) Massenhaftigkeit, 3) Ritualisierung.

Dann ist die Differenz also vor allem eine soziale, weniger eine technische.
Womit sich die Frage stellt, ob etwas, das nüchtern gesehen eine sehr
unelegante DoS-Skript-Attacke ist (die, was ich problematisch finde, nicht
nur den attackierten Host, sondern auch die gesamte Netzwerkinfrastruktur
belastet), neue Qualität gewinnt, sobald ihr Einsatz sozioanthropologisch
redefiniert wird.

Transparenz leuchtet mir als Differenzkriterium ein  - obwohl die meiste
populäre DoS-Software wie "Stacheldraht" Freie Software/Open Source ist.
Massenhaftigkeit und Ritualisierung sind hingegen, wenn man Deine
Definitionen zugrundelegt, ebenso Merkmale der bekannten DoS-Attacken auf
Yahoo und Konsorten.

> Medienanthropologisch formuliert: Medien sind Werkzeuge
> nicht-physischer Konfliktbearbeitung. Mit der Sprache

Wieso ist die Attacke eines technischen Systems nicht physisch?

> schieben Koerper Zeichen in den tendenziell umstrittenen
> Raum zwischen sich und verschieben, solange sie sich
> mit Zeichen streiten, die gewaltfoermige Auseinandersetzung.

Sind Zeichen, zumal ausführbarer Code, wirklich so harmlos? Was ist, um ein
plakatives Beispiel zu zitieren, wenn diese Zeichen technische Apparate in
einem Krankenhaus steuern?

> Dieser Zwischenraum zwischen den Koerpern wird in der
> Medienevolution immer weiter ausgebaut, bis schliesslich

Gegenthese: Der Zwischenraum zwischen den Körpern wird in der
Medienevolution immer weiter abgebaut, und zwar in dem Maße, wie sich
soziale Infrastrukturen in unmittelbare Abhängigkeit von komplexen und
störanfälligen technischen Kommunikationssystemen begeben. 

Ein massenhafter Ausfall von E-Mail-Kommunikation durch eine Skriptattacke
war vor zehn Jahren ein akademisches Problem, führt heute immerhin zum
Nichterscheinen von Tageszeitungen und könnte in wenigen Jahren
Versorgungsengpässe verursachen.

> Konflikte rein virtuell ausgetragen werden koennen. Die
> "Kunst" virtueller Sit-ins besteht darin, mit der Vorspiegelung
> eines Gefahrenpotentials Wirkung zu erzielen.

Wozu man allerdings nicht das Internet braucht, sondern ebenso nach
Anleitung von Sun Tzu, Clausewitz oder Ladislaus Farango's "War of Wits"
verfahren kann. 

Florian

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