Tilman Baumgaertel on Mon, 14 Feb 2000 22:52:30 +0100 (CET)


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Re: [rohrpost] DATENBANK DER VIRTUELLEN KUNST


At 10:19 14.02.00 +0100, Florian Cramer wrote:
> 
>Am Mon, 14.Feb.2000 um 01:35:35 +0100 schrieb ulrike gabriel:

Hi Florian und alle anderen Leser!

Etwas verbluefft bin ich schon ob dieser aggressiven Polemik, die offenbar
von Futterneid: 

>Und was bitteschön macht das ZKM? Und selbst wenn es so wäre, wie oben
>beschrieben, gibt es keinen einleuchtenden Grund, weshalb der finanziell
>gebeutelte Wissenschaftsbetrieb mit viel Geld die Versäumnisse des reichen
>Kunstbetriebs kompensieren sollte. Es kann doch nicht sein, daß
>museumskonservatorische Projekte mit DFG-Mitteln gefördert werden, die der
>Wissenschaft fehlen - und vor allem den Studierenden, wenn statt einmal
>wieder statt Dozenten- reine Forscherstellen finanziert werden.
>

motiviert ist. Den "reichen" Kunstbetrieb gegen den "gebeutelten" (was fuer
ein Wort) Wissenschaftbetrieb auszuspielen, zeugt uebrigens von
weitgehender Unkenntnis der Sachlage - gerade wenn es um Netzkunst geht,
ist wenig bis kein Geld im Spiel. Sehr bedenklich finde ich dieses
Herumschieben von Verantwortung - warum machen DIE (das ZKM, das
Bundesarchiv, der Mann im Mond etc.) das nicht...

Dass vom ZKM in diesem Zusammenhang nicht viel zu erwarten ist, ist zwar
schade, aber eben leider so. Ich wuesste allerdings nicht, wieso ein Uni
nicht so eine Aufgabe uebernehmen soll. Es gibt akademische
Skulpturensammlungen, Kaeferkollektionen, die Monster-in-Aspik-Show an der
Charite etc, und tausendundein Archiv mit Schriftsteller-, Maler-,
Komponisten-Nachlaessen, von Archiven zu den abwegigstens Themen ganz zu
schweigen. 

Daher ist es mir unklar, wieso da eine Uni mit DFG-Mitteln nicht auch eine
Datenbank zum Thema Medienkunst anlegen soll; die DFG hat schon viel
groesseren Quatsch alimentiert. Irgendjemand muss sich dieser Fragen eben
annehmen, denn dass das meiste in diesem Bereich relativ schnell
verschwinden wird, ist traurig, aber wahr. Und ich finde es bei so einem
Thema kleinkariert, mit solchen Totschlag-Argumenten zu kommen. Fuer meine
Begriffe lahmt dieses Vorhaben ganz woanders als dem fehldenden Sourcecode
von Macromedia (vom Erhalt der Werke ist im uebrigen ja auch nicht die
Rede, sondern nur von einer Dokumentation). 

Ich will nicht auf alles eingehen, aber wenn die hohen Masstaeben, die Du
anlegst, wirklich durchgesetzt werden sollen, ist die ganze schoene
Medienkunst wirklich verschwunden, bis ein brauchbares Instrumentarium zum
Erhalt digitalen Kulturgutes da ist. Nur ein Beispiel: Wenn es zur
Integrität eines Netzkunstwerks noetig sein sollte, die URL zu bewahren,
wird wahrscheinlich gar nichts uebrig bleiben. 

Dass soll nicht heissen, dass ich die Idee mit der Datenbank gut finde. Das
ganze Projekt kommt mir auch hoechst zweifelhaft vor, und die Idee mit der
Datenbank ist noch das geringste Problem. Ich werde eher stutzig, wenn ich
solche treuherzigen Anfragen lese: 

>> > Auf Grund Ihrer Position in der internationalen Medienkunst ist es für
>> > das Forschungsarchiv von großer Bedeutung, Material zu Ihren Werken zu
>> > erhalten. Die Datenerfassung mag auf den ersten Blick sehr aufwendig
>> > erscheinen, wir hoffen jedoch sehr, dass  sie sich zügig durchführen
>> > läßt.
>

Wer so bloed fragt, hat null Erfahrungen mit dem Kunstbetrieb und der
Arbeitssituation von Kuenstlern. Und wer glaubt, dass man per Email
Werkdokumentationen aus Kuenstlern herausbekommt, hat wirklich noch nie
irgendwelche Erfahrungen in diesem Bereich gesammelt. So wird das nichts,
trotz der ganzen tollen Hardware: 

>> > Unsere technischen Grundlagen: SUN-Server, SQL-Server, Oracle Datenbank,
>> > Quicktime-Video. u.a.
>

Gruesse, 
Tilman 


...................
I think, 
and then I sink
into the paper 
like I was ink.
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