sascha brossmann on Fri, 28 Jan 2000 12:12:10 +0100 (CET)


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Re: [rohrpost] wichtig / formale Systeme / erkenntnisgrenzen (?)


>Strikt formal gesehen ist der beschreibende Formalismus, Teil des 
>beschriebendenen Systems und somit ist die Beschreibung wiederum 
>unvollständig.

nach allen derzeit gültigen (sprich: mir/uns bekannten, denkbaren) 
paradigmen ist diese aussage wahrscheinlich "wahr". aber: überwände 
man diese denkmuster, wird man sie mit den bisherigen mitteln nicht 
mehr zureichend beschreiben können. wir haben keine sprache (keine 
zeichen) für etwas, was wir nicht denken können, so wie wir i.d.r. 
nichts denken können, für das wir keine zeichen haben. (daher ja auch 
die sprachkritik eines teils der philosophie der letzten jahrzehnte - 
unser plug-in an die "normale" sprachkommunikation behindert ja 
durchaus originelles denken). ich betrachte (nicht nur) in dieser 
hinsicht im übrigen kunst und wissenschaft als überaus konvergent.

>Und die basierte doch nur auf den alten Regeln der Mathematik/Logik, 
>nur erweitert um neue Interpretationsmöglichkeiten.

ich gebe zu, dass das beispiel nicht übermässig glücklich gewählt 
war. es geht mir ja eher um einen systemwechsel, von dem ich 
allerdings leider auch nicht weiss, wie er aussehen soll. ich bin mir 
lediglich ziemlich sicher, dass wir es in unserem weltbild nicht mit 
"letzten wahrheiten" zu tun haben.

>Und wann wird es das System geben, das Alles beschreibt? Nach der 23 
>Milliardsten Erweiterung der Systematik?

ich weiss es aus oben genannten gründen nicht. die iterative 
erweiterung der systematik wird wohl keine lösung bringen. eine 
(hypothetische) lösung ist nur möglich bei einem wechsel der 
systematik, und auch das bedeutet (nach derzeitigem erkenntnisstand) 
weder, dass diese dann dauerhaft gültig, noch dass sie extrapolierbar 
o.ä. ist.

die gefahr, dass ich mir hiermit selber widerspreche ist damit 
sicherlich gegeben. aber wenn mir daran gelegen ist, die 
beschränkungen unseres denkens/daseins zumindest teilweise zu 
überwinden, muss man, glaube ich, auch die finalität und 
eindeutigkeit der dinge in frage stellen. das ganze ist letztendlich 
auch eine frage von "freiheit" (schwieriger begriff), und ich frage 
nicht, um zu wissen, sondern um zu leben.

>Der Quantencomputer kann nur den Detailierungsgrad erhöhen, zur 
>grundsätzliche Lösung des Problems wird er wohl auch nichts 
>beitragen.

was dieses thema betrifft, gibt es, wie bereits geschrieben, 
sicherlich tausende, die da ein vielfaches mehr wissen als ich, z.b. 
möglicherweise manuel, deswegen auch das fragezeichen an meinem satz. 
tut mir leid, wenn das missverständlich war.

allerdings: die quanten_mechanik_ hat zumindest in der physik einen 
paradigmenwechsel zur folge gehabt. man kann auch 
"bewusstseinserweiterung" dazu sagen. das war in meinem vorigen 
posting trotz ";-)" durchaus nicht nur ironisch gemeint, sofern man 
den begriff einmal von seinen esoterik-/hippie-/...-konnotationen 
entrümpelt.
und eine maschine, die auf einem anderen paradigma beruht, kann (!) 
vielleicht (!!) ein werkzeug (!!!) sein, um inhalte zu "formulieren" 
(sehr weit ausgelegt), für die ich bisher keine zeichen oder kein 
denken habe. und nein: ich glaube nicht, dass es der computer ist, 
der die zeichen oder das denken _erzeugt_.
allerdings: sollte etwas anderes als ein mensch anfangen, zu "denken" 
bzw. "intelligenz" zu besitzen: kann ich mir sicher sein, das zu 
bemerken, wenn die damit verbundenen zeichen nicht meinen erwartungen 
entsprechen/durch mein wahrnehmungsraster fallen? (aber genug davon, 
das thema gerät in gefahr, schwurbelig zu werden).

sascha

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er denkt nach // welche dinge stiehlt er aus der welt, welche 
gegenstände verändert er in seinen tropfen hinein, mit welchem 
plunder balsamiert er seine wahrnehmung? - oswald wiener 

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